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Zum 80. Geburtstag zeigt Franz Buchholz eine Retrospektive seiner Arbeiten.
Von Dirk Tölke
Franz Buchholz verbindet das Funktionsinteresse von Technik mit dem Ausdrucksinteresse der Kunst und der persönlichen Neugier an Naturphänomenen. Wir haben das Nach-Sehen. Zum Glück. Etwa jetzt zum 80. Geburtstag, zu dem er eine lohnenswerte Retrospektive seiner Arbeiten zeigt. Franz Buchholz zählt zu den Pionieren von Laser-, Licht-, Video- und Klang-Kunst und von heute interaktiv genannter Beteiligung des Publikums am Prozess von selbstgesteuerten Wechselwirkungen.
Die Rahmenbedingungen, innerhalb derer Phänomene sichtbar, hörbar und tastbar werden, gestaltet der Künstler mit Interessen, die dem Neuen aufgeschlossen sind, der Neugier technisch akribisch auf die Sprünge helfen, nutzerstabil als Kunst im öffentlichen Raum funktionieren und den Charakter von Demonstrationsobjekten und Versuchsaufbauten haben und nicht mehr allein, aber auch vermitteltes Bild sind. Kunst, Technik und Natur im Sinne von Schwingungsphänomenen lässt er gekonnt Wirkungen entfalten, die geräthaft erweiterter Kunstbegriff sind, der neue Medien und Technologien als durchaus auch zeitkritische Ausdrucksmittel nutzt.
Anfang der 1970er wandte er sich parallel zu den Tendenzen von Op-Art und Zero-Gruppe zukunftsorientiert neuen Techniken zu. Plotterzeichnung, Bildschirmmalerei, Lasertechnik, Elektronik und Akustik wusste er sowohl beruflich professionell auf aktuellstem Niveau, als auch als künstlerische Disziplin umzusetzen. Während man bei Malerei und Druckgraphik den Bildträger übersieht und den handwerklich technischen Prozess als künstlerisch empfindet, bedarf es bei industriell wirkenden Techniken und von Kabeln und Programmierungen abhängigen Steuerungen noch immer der Akzeptanz, dass es dabei nur um eine Variante künstlerischer Gestaltung geht, um (auch programmierte) Spielregelkunst und nicht um Spielerei.
Laienlacher und Fachleuteskepsis hindern zusätzlich. Calders mechanische Mobiles haben die zweckfreie Freude am Wahrnehmen begründet. Franz Buchholz hat medienkritischen Durchhaltemut vom Werkzeugbegriff zum künstlerischen Rang bewiesen. Bewegung – Kinetik aus Mechanik und Elektronik – entsteht bei ihm durch Wahrnehmungsphänomene beim Kontakt mit dem Objekt, durch vorbestimmte oder durch Zufallseffekte gesteuerte Abläufe oder durch Eingriffe des Kunstpublikums, das nicht mehr nur passiver Bildbetrachter ist. Raffiniertes und reduziertes Umdenken und Umnutzen ohne Effekthascherei, aber mit humorvoller Sinnstiftung ist des Künstlers Credo. Erlebnisanalyse und Technologierezeption ist die Aufgabe des Publikums.
Auf 600 Quadratmeter entfaltet die Ausstellung im Atelier „ARTeriel“ in Würselen die lebenslange Auseinandersetzung des international tätigen Künstlers mit den bildhaften und interaktiven Wirkungen seiner technisch-künstlerischen Phantasie. Spartenfrei, unscheinbar, leicht zu unterschätzen, erwarten einen polysensuelle Experimente mit Laserlicht, Computergraphik, Leuchtdiodenzeichnung, Piezoelektrik, Rückkopplungen, Fernsehröhren und Videotechnik. Streng, bisweilen minimalistisch, aber immer lebendig strukturiert. Kunst zum Anfassen und anschaulich machen. Ereignisgegenstände. Apparaturen zur ästhetischen Erkenntnis. Elektronische Skulpturen. Geräusche und Klangmaschinen (s.a. Klang-Tast-Stele hinter der Barockfabrik). Manches früh Erdachte wurde von heutigen Effekten von Unterhaltungselektronik, Nachrichtentechnik, Musik- und Werbebranche überholt, anderes entfaltet noch immer den Geist von Experiment und Freiheit, den stillen Reiz der Muster-Variabilität und der kritisch-spielerischen Präzision. Franz Buchholz schafft vielfältig Aufmerksamkeit für die gegenwärtige Welt. Eine Entdeckungsreise.
28.5., + 11.6. Franz Buchholz – „Retrospektive“
12-18 Uhr, ARTeriel